Manchmal scheint mir die Sonne aus dem Arsch. Und manchmal nicht. Manche Tage sind zäh und mies und dann hab ich zu viel Zeit zum Zweifeln.
Ich bin ein Mensch, der sehr radikal sein kann. Ich bin in meinem Leben schon zig mal umgezogen und habe Leute aus meinem Leben gestrichen, die andere noch Jahre mit sich getragen hätten.
Ich betrachte das als Vorteil. Ich kann schnell reagieren, bin flexibel und meistens willig.
In letzter Zeit erwische ich mich aber immer häufiger dabei, unwillig zu werden. Ich habe einen sehr sensiblen Radar für Dinge, die mich versuchen, in meinem Denken einzuschränken. Auch in meinem Handeln, aber das macht mir nicht so viel aus.
Darum durchstehe ich diese Pandemie gerade ziemlich gut. Ich hab meine Nische, da handel ich drin und mein Denken ... nunja ... was ist los?
Ich bin, wie viele, ein Herdentier. Ich bin nicht unbedingt radikal harmoniesüchtig, zumindest nicht außerhalb meiner engeren Beziehungen. Aber ich ziehe Kraft aus Dingen, die ich FÜR andere tun kann.
Jetzt gibt es nur eine begrenzte Menge Geld, die ich spenden kann. Aber ich kann meine Freude teilen, meine Sicht des Lebens und meine Werke.
Als die Pandemie anfing, war ich gut aufgestellt. Ich habe schon lange eine funktionierende Homepage mit Shop und verdiene darüber ganz gut. Patreon gibt mir monatliche Sicherheit.
Aber die Abhängigkeit von Social media macht mir langsam zu schaffen. Ich bin lange Zeit ausschließlich über facebook unterwegs gewesen und darum hat es mich hart getroffen, dass ich meine Seite mit vielen Followern aufgeben musste. Aber manche Dinge funktionieren nicht mehr. (Wer es nicht mitbekommen hat, der glaube es einfach: Ich wurde schlicht ohne Grund ausgesperrt aus meiner eigenen Seite.)
Während ich mich aber dennoch weiter dort herumtreibe, merke ich, dass die zunehmende Radikalisierung der Menschen dort mir sehr zu schaffen macht. Ich kann das eigentlich abschütteln, normalerweise. Aber wenn es mir nicht gut geht, dann kann ich wohl nicht schnell genug rennen. Oder ich bin dünnhäutig.
Was ich sagen will: Die Forderungen allerseits, Stellung zu beziehen, und zwar die RICHTIGE. Und im Versuch, eine Stellung einzunehmen, reibe ich mich auf und verliere dauernd Kraft.
Mein Denken, welches auf Offenheit, Neugier und Diskurs ausgelegt ist, wird stetig mit Parolen weichgeklopft. Und natürlich könnte man nun einfach sagen: Ich muss ja nicht überall ne Meinung dazu haben, oder? Aber alle anderen haben ne Meinung. Und da sind dann Leute, die ich lieb oder weniger lieb habe, die ich schätze oder weniger gut finde und alle haben ne Meinung. Weil ich so funktioniere, dass mich zwar vieles kaltlassen kann, aber nicht die Meinung von Leuten in meinem Dunstkreis, versuche ich also wenigstens diejenigen zu prüfen.
Mein Kessel läuft heiß. Ich mag nicht mehr - ich werde unwillig. Person a reibt sich an Thema a. Person b meint, Thema a wäre nicht so schlimm, aber Thema b. Und Person c meint, das wäre alles nur Teil von Thema c und dann kommen die anderen Buchstaben des Alphabets.
Am Wochenende haben wir den Film von Richard Attenborough geschaut. Und ich hab viel geweint. Alles erscheint so klein uns sinnlos, wenn man es global betrachtet. Mein Gefühl, dass ich noch erleben werde, dass meiner Tochter das Leben schwerer wird, weil ... ich habe das Gefühl, Atlas zu sein und den Globus auf meinen Schultern zu spüren, und ich möchte das nicht.
Mir wird klar, dass der ganze Kleinscheiß der Menschen aufhören muss. Ich muss noch unwilliger werden. Noch weniger der seltsamen Zerwürfnisse an mich heranlassen. Ich darf nur den Dingen Macht über mich geben, die wichtig sind, an denen ich etwas tun kann, die ich ändern kann.
Ich kann nicht dauernd Kraft an jedem winzigen Schlachtfeld verlieren.
Ich muss also ein wenig herunterfahren.
Das tu ich auch, keine Sorge. Ich habe zu tun. Ich habe Pläne. Wilde Pläne. Grandiositäten und Gewagtes. Und dafür brauche ich Kraft. Lustigerweise ist der Teil von mir, der Kraft verliert, weil die Welt - speziell die Menschen - um mich herum ein bisschen spinnen, nicht der Teil, der Kraft für meine Kreativität hat. Ich bin offenbar ein Hybrid :) Und ist das Benzin leer, dann hab ich immer noch meine Solarzellen.
Ihr Lieben ... Ich möchte immer ein Licht in der Dunkelheit sein.
Bleibt gesund, damit wir noch viel Spaß zusammen haben können.
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