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Prestige - Präsentation

Hört sich wichtig an: Marketing-Entscheidungen. Als ob ich tatsächlich diese Gedanken im Vorfeld gehabt hätte. Also so: Ich möchte ein Spiel machen, welches Leuten gefällt, die eigentlich nicht viel spielen, aber die Optik und das Thema verlockend genug finden, um es zu versuchen. Es soll meiner üblichen Zielgruppe gefallen, damit ich es unter meinen bisherigen Followern verkaufen kann, gleichzeitig aber allgemein genug sein, um auch Menschen heranzuziehen, die meine Welt und mich nicht kennen.

Tatsächlich hatte ich diese Gedanken nicht wirklich. Ich hatte zunächst die Vision. Wie ich das in diese Vorgaben hineinbekomme ... nun, das ist entweder harte Arbeit, die man wie ein Flussdiagramm formulieren könnte (also mach erst Schritt 1, dann Schritt 2 und wenn du den gemacht hast, entweder 3 oder 4 ...) oder man macht es wie ich aus dem Bauch heraus.

Ich mache immer erst mal, was MIR gefällt. Denn ich gehe davon aus, dass das auch anderen gefällt (meine Grundarroganz). Aber: Manchmal muss man ein bisschen Aufwand betreiben, um denen das klar zu machen. Ich nehme als Beispiel mal ein Frühstücksbuffet in einem Hotel. Da gibt es alles, je nach Preisklasse des Hotels, aber auch innerhalb einer Preisklasse gibt es riesige Unterschiede.

Gibt es zum Beispiel Marmelade und Co nur in so kleinen Portionierungsplastikschälchen oder ist es ein Glas und man löffelt sich etwas in ein kleines Gefäß (auch aus Glas oder essbar)? Gibt es Ei und in welcher Form? Sind die Sachen frisch gekocht, oder liegt das lange irgendwo rum. Ist das Müsli in der Originalverpackung oder umgefüllt? Liegen die anderen Dinge in schicken Körbchen oder ist das alles lieblos in Plastik oder so? Wie geht das Haus mit individuellen Wünschen um?

Ich war zum Beispiel einmal völlig hin und weg, als ich ein Mini Waffeleisen fand und frischen Teig daneben. Das wird immer ein Highlight in meiner Erinnerung bleiben, dass ich mir meine eigene Waffel heiß und knusprig zubereiten konnte. (Ja, manch einer würde sagen: Besser wäre es gewesen, das Hotel hätte noch jemanden abgestellt, das zu machen, aber in solchen Etablissements verkehre ich nicht.)

Der Witz ist: Es kann das gleiche Müsli sein, aber die Art und Weise, wie es präsentiert wird, macht einen Unterschied.

Hört sich einfach an, ist es aber nicht.

Autoren zum Beispiel möchten meistens unbedingt, dass auf ihrem Cover etwas aus dem Buch drauf ist. Und Klappentexte sind oft verwirrend komplex. Dann wundern sie sich, warum keiner das Buch kauft oder warum Leute das Buch nicht mögen. Weil es nicht ihr "Geschmack" ist. Sie sind getäuscht worden. Wenn irgendwo braune Dinge drauf sind, und vielleicht noch Cremigkeit, Süße und Luxus erscheint, dann ist da besser Schokolade drin und kein Broccoli.

Dabei ist Schlichtheit und vor allem Zielgruppengerechtheit der Schlüssel. Die Leute wollen wissen, was sie erwartet. Krimileser wollen wissen, ob sie ein Whodunit erwartet (also viel Kommissar befragt Leute und weniger Pathologie). Scifi Leser wollen wissen, ob es ein Military Scifi mit viel Technik ist, oder eher eine Erstkontaktstory. Fantasy Leser wollen wissen, ob Orks drin vorkommen, oder Drachen oder eher Vampire und Werwölfe.

Noch einfacher wird es, wenn man sagen kann: Ist wie Harry Potter. Da nimmt man einfach die ganze Arbeit von jemand anderem und schafft aber damit ein sofortiges Wiedererkennen. Die Leute wissen dann, was sie erwartet. Sie seufzen glücklich und sind willig.

Wenn man meint, man muss alles immer neu erfinden, dann kann man auf Widerstand stoßen, weil die Leute eben nicht wissen, was sie erwartet. Es ist nur eine kleine Menge an Menschen, die sich auf Abenteuer einlassen. (Anmerkung: Wenn man aber "Komplett anders! Neuartig! Nie da gewesen!" draufschreibt, spricht man natürlich auch wieder einen bestimmte wohldefinierte Zielgruppe an. Dennoch müssen die irgendwie ein bisschen wissen, wo die Reise hingeht. Ganz blind geht es (eigentlich) nicht.)

Am Besten ist es also, wenn man auf den ersten Blick einige Kriterien erfüllt. Der Leser/Käufer muss sofort wissen, was er vor sich hat. Die Artwork vermittelt ihm ein Ambiente. Die Aufschrift/Klappentext gibt mehr Informationen und dann entscheidet noch der Preis und die persönlichen Vorlieben.

Wenn ich mir also mein Prestige-Cover anschaue, dann vermittelt es (fast) alles, was ich vermitteln möchte. Die Bilder sagen sofort, in welcher Zeit es spielt, die Schrift gibt ein Thema, der Rahmen macht es schicker und der komische Rauch/Aether mit dem Luftschiff gibt einen subtilen Hinweis auf etwas, was nicht komplett historisch ist.

Ich bin zwar nicht wirklich happy mit dem Gebäude, habe aber noch kein Besseres gefunden. Vielleicht kriege ich es hin, dass mir jemand eins malt.

Weitere Aufkleber auf der Dose werden etwas über das Spiel aussagen (kooperativ/Einzelziel, Spieleranzahl, Dauer, Spieleralter etc ...) und wenn dann der Preis stimmt ...

... ist es immer noch nicht verkauft. Siehe mein erstes "Spiel", als das Pokerdeck mit den Illustrationen aus meiner ersten Trilogie. Es kann doch nichts schief gehen mit Pokerkarten, denkt man. Mit zwei Decks kann man Rommé oder Canasta spielen ? Aber ... wie oft habe ich gehört: Wir spielen gar nicht ...

Das ist also ein Punkt, den ich angehen muss: Wenn ich weiß, WEN ich erreichen will, muss ich auch ZU diesen Leuten gehen. Aber das ist ein Schritt weiter.

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